Dem Meer zusehen

Ich bin keine Profifotografin. Ich halte mein Handy einfach hoch und versuche, diese Szenerie einzufangen. So gut es eben geht. Für meine Erinnerung. Für’s Schreiben. Das, was ich dabei jeweils fühle, kann ich aber nicht in Fotos festhalten. Wie auch? Auch mit Filterbearbeitung nicht, also lasse ich es. Es ist ein tiefes Gefühl in meinem Inneren, das mich entspannt, mich bewegt, wenn ich dem Meer zuschaue. Wenn seine Wellen anrollen. Sie lauter und lauter werden. Wenn ich mitfiebere, mit welcher Wucht sie wohl gegen den Felsen donnern. Ob sie ihn nur umspülen oder mit ganzer Kraft angreifen, so dass ihr Wasser in einer weißen Gischt nach oben spritzt, sich ihre ganze Energie entlädt.
Mit einem Mal ist es plötzlich vorbei, das Wasser gibt den Felsen wieder frei, es wird leiser, eine magische Kraft saugt es zurück, um es Sekunden später wieder freizugeben, um seine Wellen erneut gegen den Felsen prallen zu lassen. Wieder und wieder schaue ich dabei zu. Ich sitze auf einem von der Sonne aufgeheizten Stein und gucke nach links, rechts, weiß gar nicht wohin zuerst, denn an beiden Seiten kocht und gärt das Meer. So häufig nehme ich mein Handy hoch, um zu fotografieren. Zum Glück fotografiert mein Herz mit.

Am Atlantik, Mai 2024